Drei Fragen an Romain Schneider

"Die Reform der Pflegeversicherung wird nicht von oben herab diktiert"

Interview: Luxemburger Wort (Bérengère Beffort)

Luxemburger Wort: Herr Schneider, welche Zeitschiene haben Sie sich für die Reform gegeben?

Romain Schneider: Die Reform der Pflegeversicherung wird nicht von oben herab diktiert. Es ist ein Prozess, den die Regierung voriges Jahr in die Wege geleitet hat. So gab es zunächst eine Debatte im Parlament, bei der wir die grundsätzliche Ausrichtung diskutierten. Nähere Gespräche über die Leistungen und Tarife folgten im Herbst mit den Vertretern der Leistungsträger, der Beschäftigten, der Sozialversicherung und der Ministerien. Zurzeit befassen sich Arbeitsgruppen mit den Anregungen, so dass wir im März ein Arbeitspapier vorlegen und uns nochmals mit den beteiligten Akteuren besprechen wollen. Ich gehe davon aus, den Gesetzentwurf noch vor oder kurz nach der Sommerpause im Parlament einreichen zu können. Anfang 2017 würde die Reform dann greifen. Die Neuregelung könnte mit Übergangsphasen einhergehen, damit sich die Dienstleister auf die Neuerungen einstellen können, aber das bleibt noch zu klären.

Luxemburger Wort: Einige Vorschläge, wie die Pflegeversicherung reformiert werden könnte, kursieren bereits. Was hat es mit den möglichen Pauschalen und Pflegestufen auf sich?

Romain Schneider: Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen uns, dass zwei Drittel der Bezieher zu Hause betreut und ein Drittel in den stationären Pflegeeinrichtungen umsorgt werden. Das grundlegende Prinzip, dass die Menschen in ihrer vertrauten Umgebung verbleiben können, wollen wir auch aufrechterhalten. Die bisherigen Leistungen könnten dabei um moderne Hilfsmittel ergänzt werden. Nun geht es bei der Reform auch um die langfristige Absicherung des Systems. Die Beiträge wollen wir nur dann erhöhen, wenn es absolut notwendig sein sollte. Bei der Debatte im Parlament herrschte ebenfalls Einigkeit darüber, dass man von einer Eigenbeteiligung der Empfänger absehen sollte. Demnach geht es eher um strukturelle Reformen und mehr Effizienz bei den Ausgaben. Tatsächlich wäre eine Idee, die Leistungen verstärkt in Form eines "Package" zu bündeln, um die Hilfe gezielter auszurichten. Eine Einteilung in Pflegestufen steht zurzeit noch zur Debatte.

Luxemburger Wort: Die Copas bevorzugt mehr präventive Maßnahmen, um hohe Pflegebedürfnisse hinauszuzögern und die Sozialversicherung von kostenintensiven Krankenhausaufenthalten zu entlasten. Was halten Sie davon?

Romain Schneider: Die Foyers de jour bieten bereits begleitende Maßnahmen und Beratungen an. Weitere präventive Programme könnten übers Gesundheitsministerium erfolgen. Zur Gesundheitsförderung arbeiten die Ministerien Hand in Hand, so dass verschiedene Programme nicht direkt bei der Pflegeversicherung angesiedelt sind. Das betrifft zum Beispiel den Plan zur Krebsvorsorge oder den Ausbau einer nationalen Strategie bei Alzheimer-Erkrankungen. Wir müssen das Thema Prävention also umfassend angehen.

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